Der Kirschgarten
Deutsch von Andrea Clemen
Nach fünfjähriger Abwesenheit kehrt die Gutsbesitzerin Ljubow aus Paris in ihr Haus der Kindheit zurück. Nach dem Tod ihres Mannes war sie mit ihrem Liebhaber, der Tochter Anja und ihrem damals siebenjährigen Sohn nach Paris gezogen. Ihre Pflegetochter Warja hat sie nun auf das russische Landgut zurückgeholt, da das Anwesen – umgeben von einem nun in voller Blüte stehenden, großen Kirschgarten – hoffnungslos verschuldet ist. Es soll der Versteigerung zum Opfer fallen, was von Ljubow und deren Bruder Leonid beflissentlich ignoriert wird. Die Unfähigkeit, mit Geld umzugehen, denn beide haben bislang weit über ihre Verhältnisse gelebt, hat diesen aussichtslosen Zustand hervorgerufen.
Als der Kaufmann Lopachin – ehemals Leibeigener der Familie – den Vorschlag einbringt, die Kirschbäume zu fällen, um auf dem Grundstück Ferienhäuser zu bauen und an Sommergäste zu vermieten, wird dies zunächst abgewiesen. Doch die Konsequenzen der Verschwendung sind unausweichlich: Lopachin selbst erwirbt das gesamte Gut, die Familie verlässt für immer das Haus der Kindheit, die Kirschbäume werden gefällt.
Tschechow beschreibt in seinem 1904 in Moskau zur Uraufführung gekommenen Stück den langsamen aber sicheren Verfall der absolutistischen Gesellschaftsform. Er schildert mit Heiterkeit und scharfem Blick die Orientierungslosigkeit der Oberschicht wie auch Wege in den Kapitalismus und Utopien von einer gerechteren Gesellschaft.
Das Stück wird im Verlauf der Inszenierung mit Texten des russischen Exilautors DJ Stalingrad (Pjotr Silaew) konfrontiert, der in seinem Endzeitroman „Exodus“ eine Art Resümee der vergangenen 100 Jahre russischer Geschichte zieht: „Wir alle gehören zu der ekelhaften postsowjetischen Generation. Wir haben nichts, keine Ziele und Prinzipien. Doch die Sehnsucht nach Heldentum sitzt irgendwo tief in uns, in mir und den anderen, die ihre Wohnung noch nicht nach europäischem Standard renoviert haben.“
TEAM
Regie:
Bühnenbild & Kostüme: Helge Ullmann
Besetzung
Ljubow Andrejewna Ranjewskaja, Gutsbesitzerin:
Ulrike Walther
Anja, ihre Tochter:
Anna Krestel
Warja, ihre Pflegetochter:
N. N.
Leonid Andrejewitsch Gajew, Bruder der Ranjewskaja:
KS Hans-Joachim Rodewald
Jermolaj Alexejewitsch Lopachin, Kaufmann:
Vivian Frey
Pjotr Sergejewitsch Trofimow, Student:
Björn Boresch
Boris Borissowitsch Simeonow-Pischtschik, Gutsbesitzer:
N. N.
Charlotta lwanowna, Gouvernante:
Evelyn Fuchs
Semjon Pantelejewitsch Jepichodow, Buchhalter:
Peter Liebaug
Dunjascha, Stubenmädchen:
Carla Witte
Firs, ein Greis, Lakai:
Peter Bernhardt
Jascha, junger Lakai:
Hagen Bähr
Landstreicher: Matthias Herold